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Manuelle und maschinelle Zellzählung

Die manuelle (mikroskopische) Zellzählung

Blutzellen können sowohl visuell, d.h. mittels Mikroskop und Zählkammer, als auch maschinell gezählt werden. Beide Methoden haben Stärken und Schwächen. Die maschinelle Zählung liefert viel genauere Werte, da 40- bis 80-mal mehr Zellen gezählt werden als beim manuellen Verfahren. Sie ist auch viel schneller und weniger zeitintensiv. Andererseits bekunden Zellzählgeräte in seltenen Fällen von hochpathologischen Proben mit der Messung Mühe. Dies kann z.B. bei extrem hohen Leukozytenzahlen, erhöhter osmotischer Resistenz der Erythrozyten oder Thrombozytenaggregationen beobachtet werden. In diesen Situationen kommt ein systematischer Fehler ins Spiel, der die Richtigkeit beeinträchtigt.
Die visuelle Zellzählung liefert aufgrund der tiefen Zahl untersuchter Zellen ungenaue, dafür aber richtige Resultate. Die maschinelle Zellzählung produziert sehr genaue und im Falle von normalem Blut auch richtige Werte.
Im heutigen Routinelabor haben visuelle Zellzählmethoden kaum mehr einen Stellenwert. Die Zellzählgeräte sind den meisten Proben problemlos gewachen. Lediglich in ganz seltenen Fällen müssen Thrombozyten noch visuell in der Kammer gezählt werden.
Da die Blutzellen in Bezug auf das Volumen (pro Liter) gezählt werden, ist es unerlässlich, dass das Bluvolumen, in dem die Zellen gezählt werden, einer bekannten Grösse entspricht. Dies ermöglicht die Neubauer-Zählkammer.

Neubauer-Zählkammer mit Deckglas, Ansicht von oben. Beachten Sie die zwei Zählnetze, die als Kreuz erkennbar sind.

Bei der Neubauer-Zählkammer handelt es sich um einen speziellen Objektträger, auf dem zwei 3 x 3 mm grosse Zählnetze eingraviert wurden.

Schematische Darstellung des Zählnetzs der Neubauer-Zählkammer: blau = Bereich der Leukozytenzählung, rot = Bereich der Erythrozyten- und Thrombozytenzählung

Das Zählnetz setzt sich aus 9 1 x 1 mm messenden grossen Quadraten zusammen. Von diesen Quadraten enthält das zentrale Quadrat 25 mittlere Quadrate von 0,2 x 0,2 mm Seitenlänge, welche wiederum in 16 kleine Quadrate von 0.05 x 0.05 mm Seitenlänge aufgeteilt sind. Das grosse zentrale Quadrat wird auch Erythrozytennetz genannt. Die mit rot hervorgehobenen Qudrate entsprechen 80 kleinen Quadraten, die für die Erythrozyten- und Thrombozytenzählung benutzt werden. Die hier mit blau markierten grossen Quadrate dienen der Leukozytenzählung.
Bei der Zählung in der Kammer werden alle Zellen mitgezählt, die auf der linken und auf der unteren Grenzlinie liegen oder diese gerade noch berühren. Nicht mitgezählt werden alle Zellen, die auf der oberen und der rechten Grenzlinie liegen oder diese gerade noch berühren. Diese Vorgehensweise wird auch L-Form-Regel genannt. Gefüllte Kreise = mitzählen Nicht gefüllt Kreise = nicht mitzählen

Schematische Darstellung eines mittelgrossen Quadrates (0.2 x 0.2 mm) des Erythrozytennetzes der Neubauer-Zählkammer.

 

Schematische Darstellung der Neubauer-Zählkammer, seitliche Ansicht blau = Kammertiefe

Beidseits des Zählnetzes befindet sich jeweils ein Steg. Bevor darauf ein geschliffenes Deckglas gelegt wird, werden die Stege angefeuchtet. Liegt das Deckglas satt auf, besteht zwischen Zählnetz und Deckglass ein Abstand von 0.1mm (Kammertiefe). Das Volumen, das somit über den Quadraten des Zählnetzes liegt, entspricht bei einem grossen Quadrat 0.1µl (1mm x 1mm x 0.1mm = 0.1mm3 = 0.1µl) und bei einem kleinen Quadrat 0.00025µl (0.05mm x 0.05mm x 0.1mm = 0.00025mm3 = 0.00025µl).

Fotografie der Neubauer-Zählkammer, seitliche Ansicht. Beachten Sie den geringen Abstand von 0.1 mm zwischen Objekträger und Deckglas.