Knochenmarkaplasie

Kurzbeschreibung:
Bei der Knochenmarkaplasie kommt es aufgrund einer Schädigung der pluripotenten Stammzellen zum vollständigen Ausfall der Hämatopoiese, was sich im peripheren Blut als Panzytopenie und im Knochenmark als schwere Hypozellularität oder vollständige Aplasie des hämatopoietischen Gewebes manifestiert. Ätiologisch stehen neben seltenen hereditären Störungen (Fanconi Anämie, Dyskeratosis congenita) erworbene Zuständen weit im Vordergrund. Bei letzteren muss neben der Zytostatika-induzierten Knochenmarkaplasie an toxische Substanzen (z.B. Benzol, Arsen, anorganische Goldverbindungen), Medikamente (z.B. Analgetika, Chloramphenicol) oder Virusinfekte (z.B. Hepatitisviren, Parvovirus B12) gedacht werden. Bei etwa 2/3 der nicht-Zytostatika-assoziierten, erworbenen Knochenmarkaplasien bleibt die Ursache ungeklärt. Man spricht dann von einer aplastischen Anämie. Dabei handelt es sich in der Regel um eine zellulär vermittelte Autoimmunkrankheit der hämatopoietischen Stammzelle.

Klinisches Bild:
Wie bei den akuten Leukämien geht die Symptomatik auf den Ausfall der drei myeloischen Zellreihen zurück. Ensprechend bestehen Schwäche, Müdigkeit oder Herzklopfen aufgrund der Anämie, Fieber oder Schleimhautulzera aufgrund der Neutropenie/Agranulozytose oder eine Blutungsneigung im Rahmen der Thrombozytopenie.

Hämatologie:
Im peripheren Blutbild sind alle drei Zellreihen deutlich vermindert oder ganz fehlend. Die Erythrozyten sind oft ausgeprägt makrozytär, können aber auch normozytär sein. Die Retikulozyten sind stark vermindert (Retikulopenie). Die wenigen Neutrophilen können toxische Veränderungen aufweisen. Darüberhinaus finden sich aber keine spezifischen Veränderungen.

Knochenmark:

Das Knochenmark ist hypozellulär oder aplastisch. Im Knochenmarkaspirat imponieren leere Brökel mit einem Netz aus Retikulumzellen (Fibroblasten) ohne hämatopoietische Elemente. Die wenigen noch vorhandenene Zellen sind Makrophagen, Mastzellen, Lymphozyten und Plasmazellen. Während nach Zytostatikatherapie auch die Lymphozyten weitgehend fehlend, sind diese bei der aplastischen Anämie als Ausdruck des Autoimmungeschehens meist relativ vermehrt. In diesem Fall ist vor allem bei schlecht ausgestrichenen Knochenmarkbrökeln die Abgrenzung von einer lymphoproliferativen Neoplasie nicht einfach, weshalb immer auch die Immunphänotypisierung (Biopsie, Durchflussszytometrie) beigezogen werden muss. Die Abgrenzung von einem hyopzellulären myelodysplastischen Syndrom ist schwierig. Während milde Reifungsstörungen auch bei verschiedenen Knochenmarkaplasien im Sinne von reaktiven Veränderungen vorkommen, sprechen ausgeprägte Dysplasiezeichen für ein myelodysplastischen Syndrom.